Eines steht für ihn fest: Die vier Balkonsolarelemente, samt Batteriespeicher und Wechselrichter, werden so bald wie möglich und unbedingt noch vor dem Winter montiert. Am Balkon der Eigentumswohnung selbst natürlich, Himmelsrichtung Westen, aber auch auf dem Vordach auf der anderen Seite des großen Terrassenhauses in Hannover-Davenstedt, Richtung Osten. „Die neuen Photovoltaikelemente habe ich längst angeschafft und sobald sie angebracht und angeschlossen sind, sind wir in unserer Wohnung in Bezug auf die Stromerzeugung für uns autark”, freut sich Jörg Ewald. „Mal sehen, wie wir über den nächsten Winter kommen”.
Wohnungseigentümergemeinschaft mit 220 Parteien

Eigene Wohnung Stück für Stück ausgebaut
Ihre eigene Wohnung haben die beiden Eheleute im Laufe der Jahre Stück für Stück liebevoll ausgebaut und energetisch saniert: Wo möglich und nötig, wurde in den Räumen Dämmung von innen angebracht und die Wände wurden mit Lehmputz versehen. Die alten, schlecht isolierenden Fensterscheiben haben die beiden durch dreifach verglaste Scheiben ersetzt, die in die bestehenden Fensterrahmen passten. Das war wichtig, denn: An den Rahmen selbst durften sie in Eigenregie nichts verändern. Diese sind, so ist es vertraglich festgelegt, Eigentum aller Eigentümer:innen gemeinsam (Gemeinschaftseigentum) – ebenso wie die Haustüren, die Fassaden, Dächer, Gemeinschaftsflächen und vieles mehr. Für jede Veränderung am oder an jeglichem Gemeinschaftseigentum braucht es einen Beschluss der Eigentümer:innenversammlung.
Mit Schwung geht’s ans Terrassenhaus
Jörg Ewald hätte sich nach der Sanierung der eigenen vier Wände bequem zurücklegen und sich seines Lebens im Terrassenhaus mit herrlichem Blick weit über die Stadt erfreuen können. Stattdessen aber hat der 63-jährige Dachdeckermeister, der auch Fachplaner für Dachbegrünung, Photovoltaik und Klimafolgenanpassung ist, eine noch weitaus größere Baustelle aufgemacht: Der umtriebige Mann hat die energetische Sanierung des gesamten Hochhauses mit neuem Schwung auf den Weg gebracht. Natürlich nicht allein – seit etwa drei Jahren ist er Mitglied des fünfköpfigen WEG-Beiratsund unterstützt ehrenamtlich im Bereich Baumanagement. „Ich wusste damals sofort, was ich in dieser Funktion anschieben wollte”, sagt er. „Hier ist energetisch in den vergangenen 50 Jahren fast nichts passiert”. Doch das Hausgeld, das jede Eigentümer:innenpartei regelmäßig zahlen muss, wurde jahrelang gut angelegt und steht nun zur Finanzierung der Sanierung, die durch die entsprechenden Beschlüsse der Eigentümer:innenversammlung getragen wird, zur Verfügung.

Erst die Fassade, dann die Bungalows
Inzwischen steht an der Südfassade des Gebäudes ein großes Gerüst. Die marode, ungefähr 100 Quadratmeter umfassende Fassadenfläche wird in einem ersten Schritt abgetragen, die Eternitplatten wurden fachgerecht demontiert und als Sondermüll entsorgt. Sie wird durch eine 18 Zentimeter dicke Dämmschicht ersetzt. Anschließend sind die Bungalows am Fuße des Terrassenhauses, die Teil der WEG sind, an der Reihe: Sie bekommen jeweils rundherum eine Wärmedämmung, die Flachdächer werden abgedichtet und erhalten eine beständige Begrünung sowie Nistmöglichkeiten für Vögel. Darauf werden dann Photovoltaikanlagen installiert, die später den Allgemeinstrom für die Gemeinschaftsflächen liefern sollen. Der Strombedarf ist hoch, denn das Haus, das einst im Stil des „Brutalismus” erbaut wurde, hat im elften Stockwerk nicht nur einen schönen Gemeinschaftsraum, sondern auch ein Schwimmbad und eine Sauna, im Keller zudem eine Tiefgarage. 130 Kilowatt/Peak Leistung über Sonnenstrom sind geplant, alle Parteien werden davon profitieren.

Zuversichtlich Richtung Zukunft
Wenn diese Maßnahmen Schritt für Schritt in den nächsten Jahren vollzogen sind, werden für alle Eigentümer:innen die Nebenkosten entsprechend sinken. Durch den Rückhalt von Regenwasser wird ein eigenes Mikroklima im Viertel entstehen. Die Verdunstungskühle der Pflanzen verhindert Hitzeinseln. „Wir benötigen das Prinzip Schwammstadt, damit unsere Tiefgarage bei Starkregen nicht flutet. Zumindest hätten wir mehr Zeit gewonnen, um die Fahrzeuge in Sicherheit zu bringen. Selbst erzeugter Strom sorgt für eine Höchstmaß an Autarkie. Das gilt auch für Wärmedämmung”, blickt Jörg Ewald zuversichtlich in die Zukunft